Am 04. Juli 2015 war es soweit: Der Kölnpfad-Ultra wurde wiederbelebt. Thomas Eller hatte geladen und alle sind gekommen.
Für mich sollte es ein ganz besonderer Lauf werden. Gut 5-6 Wochen zuvor musste ich die Neanderrallye 240k bei km70 verletzungsbedingt abbrechen. 2 Wochen Laufpause. Als ich das Training wieder aufgenommen hatte, lief es nicht wirklich rund. Zudem plagten mich immer und immer wieder innerliche Zweifel. Die Zweifel waren teilweise so stark, dass ich von der Teilnahme am Kölnpfad absehen wollte. 171km läuft man ja nicht einfach so und wenn man dann auch mental nicht auf der Höhe ist, hat es meistens keinen Sinn.
Als ich meine Zweifel öffentlich kundtat, kamen so viele aufmunternde Worte von ganz vielen lieben Menschen, so dass ich beschlossen habe, doch an den Start zu gehen. Ich habe mir gedacht: “Abbrechen kann ich immer noch!”
Und außerdem wollte ich noch ein großes Ding in diesem Jahr laufen. Wenn schon nicht die Neanderrallye, dann den Kölnpfad.
Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung teilzunehmen. Der Lauf wurde für mich persönlich ein voller Erfolg. 3. Platz bei den Männern, um es schon einmal vorweg zu nehmen 🙂
Aber nun zum Lauf:
Ich bin bereits am Tag zuvor nach Köln gefahren, um bei Susanne Alexi zu übernachten. Susanne war mein Fahrradsupport während des Laufs, aber dazu später mehr.
03:15 Uhr: Der Wecker klingelt. Raus aus dem Bett, frühstücken und ab unter die Dusche. Manch einer mag nun denken: “Wie, duschen? Der läuft doch gleich!” Aber ich sage Euch, das tut gut. Sogar sehr gut. Man ist noch einmal frisch und bis zur nächsten Dusche ist es noch lange hin 🙂
Um 05:00 Uhr bin ich dann am Start in Dünnwald, Am Porzenacker, eingetroffen. Begrüßt wurde ich gleich von Thomas Eller und seiner Frau Gabi. Olli Witzke und Rolli “Der Dealer” Schürmann bin ich dann auch gleich in die Arme gelaufen 😉
Viele bekannte Gesichter und einfach ein herzliches Beisammensein. Das ist Ultralauf!!!!!
Allerdings gab es für mich hier das erste Problem. Thomas hatte mir sein Navi ausgeliehen, allerdings war der Track noch nicht draufgeladen. Gott sei Dank erwischte ich Frank Müller, der mir sein Navi lieh, um mir den Track zu übertragen. Allerdings funktionierte es nicht. Immer wieder brach die Verbindung ab. 15 Minuten vor dem Start beschloss ich, ohne Navi zu laufen. Ich wusste ja, dass Susanne mich später mit Navi auf dem Fahrrad begleiten würde. Und bis dahin nahm ich mir vor, mich an den anderen Läufern zu orientieren.
So versammelten wir uns kurz vor 06:00 Uhr draußen vor der Turnhalle, um dann gemeinsam an den Start zu gehen.
Um 06:00 Uhr fiel dann der Startschuss.
Vom Start aus ging es zunächst grob Richtung Flittard, wo wir dann parallel zum Rhein Richtung Mülheimer Brücke liefen und dort den Rhein das erste Mal überquerten. Die ersten Grüppchen bildeten sich. Ich bin zunächst zusammen mit Frank Müller und Rolli “Dealer” Schürmann gelaufen. Das war auch für mich ganz praktisch, da Rolli ein Navi hatte. Zudem versorgte er mich am Anfang mit Salztabletten. Die hatte ich nämlich zu Hause vergessen.
Es ging durch Industrie- und Wohngebiete Richtung Fühlinger See. Dort mussten wir den Kölnpfad zunächst verlassen, da am Fühlinger See das Summerjam Festival stattfand. Etwas irritiert von unserem Track liefen uns immer wieder Festivalbesucher über den Weg. Teilweise doch recht angeschlagen. Hatten wohl zu wenig geschlafen. Ach ne, immer dieser Hippies 😉 Ups, waren ja keine Hippies, sondern die ganze Rastafraktion 🙂 Naja, mit Müdigkeit sollte ich noch früh genug zu tun bekommen.
Es ging dann wieder eine ganze Zeit lang am Rhein entlang. Die Temperaturen stiegen so langsam. Gott sei Dank war es am frühen Morgen noch recht diesig, so dass die Sonne noch nicht so viel Kraft hatte. Nichtsdestotrotz haben wir jede Gelegenheit genutzt, um an Abkühlung zu kommen. Immerhin waren es schon zwischen 25°-30°. Und das am Morgen. So haben uns immer wieder Anwohner mit kühlen Duschen beglückt.
Nach gut 32km erreichten wir den ersten VP.
Die Stimmung war großartig und die Laune war gut. Körperlich fühlte ich mich richtig gut. Auch mental hatte ich mich gefangen und es fing an, richtig Spaß zu machen. Ich sagte innerlich zu mir: “Gott sei Dank habe ich mich zu dem Start entschlossen. Ich fühle mich großartig. Also zieh das Ding durch. Egal wie, aber Hauptsache mit Spaß!”
Kurz nach VP1 haben wir uns dann verlaufen. Statt ins Feld abzubiegen, sind wir einfach geradeaus gelaufen. Das kommt davon, wenn man die ganze Zeit quatscht und sich an den Vordermann orientiert, statt mal aufs Navi zu schauen. So hatten wir einen Umweg von ungefähr 2,5-3km.
Als wir wieder auf dem richtigen Weg waren, schloss sich ein weiterer Läufer unserer Gruppe an. Christoph Hardes.
In Roggendorf beschlossen wir, am Edeka Halt zu machen. Verschwitzt gingen also 4 wilde Typen in den Edeka, um sich Getränke zu holen. Man wurde beäugt, gemustert, aber mit freundlichen Blicken begrüßt 🙂
Am Escher See angekommen, rief mich Susanne an. Sie teilte mir mit, dass sie sich nun auf den Weg machen wolle, um mich irgendwo aufzugabeln. Ich sagte ihr, wo ich ungefähr bin und wie schnell wir waren. Da hatten wir ca. 42km in den Beinen. Uns allen ging es soweit auch ganz gut. Ich machte mir nur kurz Sorgen, ob Susanne mich auch wirklich finden würde. Aber das klappte dann schließlich problemlos.
Bei km50 hat sie unsere Gruppe dann erreicht.
Ein kurzes Stück lief ich noch gemeinsam mit der Gruppe. Ich fühlte mich allerdings so gut, dass ich mich langsam absetzte. Ich musste einfach meinem eigenen Rhythmus folgen.
Manchmal musste man aber auch mal gehen oder stehen bleiben und die Sonne genießen.
Am Müngersdorfer Stadion gab es dann wegen der Hitze einen ZusatzVP. Mittlerweile war es Mittag und die Hitze war erbarmungslos.
Nun ging es durch den Grüngürtel Richtung VP 2 am Eifeltor.
Die liebe Susanne muss auch mal Pause machen 🙂
Svenja und Dennis John haben uns an der Strecke auch immer und immer wieder überrascht und uns grandios verpflegt. Hier auf dem Bild mit Olli Witzke.
VP2 bei km68
Wie das Bild zeigt, hatten wir einen riesen Spaß. Ich war selbst überrascht, wie gut ich mit der Hitze zurechtkam. Nach Angabe von einigen Leuten zeigte das Thermometer teilweise 40° an. Wahnsinn. Aber ich kann noch lachen und locker und fluffig laufen 🙂
Über Hochkirchen, Hahnwald und Weiß ging es dann Richtung Rhein.
Blume musste ich zwischendurch auch mal anrufen. Die entspannte sich derweil im Freibad in Düsseldorf-Flingern.
Gott sei Dank konnte ich ihr nur Gutes berichten. Es lief nach wie vor schnörkellos.
Es ging nun am Rhein entlang Richtung Rodenkirchen. Eine Erfrischung gab es Dank Svenja und Dennis John auch noch. Die kleine Dusche tat gut.
Auf nach Rodenkirchen.
In Rodenkirchen mussten wir wieder den Rhein überqueren. Eigentlich wollten wir auf der Brücke noch ein schönes Bild mit dem Dom im Hintergrund machen. Allerdings bin ich etwas vorgelaufen und habe den falschen Aufgang zur Brücke gewählt, so dass wir dann auf verschiedenen Seiten die Brücke überquert haben. Aber danach waren wir wieder vereint.
Es ging nun wieder den Rhein entlang Richtung Süden. Bei km 90 gab es dann auch wieder einen ZusatzVP von Udo Kamp.
Auf Facebook erzählte Susanne noch ein Anekdötchen. Susanne hatte vorgeschlagen im Schatten zu laufen. Ich meinte da nur kurz: “Ach nö, die Sonne kann ich jetzt ganz gut gebrauchen. Das tut gut!” Manch einer wird den Kopf schütteln, wenn man bedenkt, dass wir schon 12 Stunden bei praller Sonne hinter uns hatten. Aber es tat wirklich gut. Ich liebe die Wärme.
Es ging dann also an Porz, Zündorf und Langel vorbei Richtung Lülsdorf. Auf dem Weg dorthin kam ich immer wieder mit Spaziergängern ins Gespräch, mit denen ich über den Lauf sprach. Alle waren fasziniert und wünschten mir weiterhin viel Glück.
In Lülsdorf war dann VP3 bei km103. Dort wurde sich dann gestärkt, um dann weiter in die Dämmerung und in die Nacht zu laufen.
Nun ging es in die Dunkelheit.
Auf dem obigen Bild wurden wir von einer wild gewordenen Horde Käfer attackiert. Lästig diese Biester.
Es ging weiter Richtung Libur. Dort gab es dann einen ÜberraschungsVP. Und dort bin ich dann auf Rob Gralka gestoßen, den ich zuvor noch an VP3 angetroffen hatte.
Rob lag vor mir und stieg dann leider irgendwann aus dem Rennen aus.
Es ging nun in die Nacht. Wahn, Grengel und Königsforst waren die weiteren Stationen. Frösche huschten über die Wege, die wir mit unseren Stirnlampen immer wieder aufschreckten. Manche sind mir auch gegen das Bein gesprungen. Irgendwann muss ich auch auf etwas getreten sein, denn es quiekte etwas als ich den Boden berührte. Leider konnte ich nichts mehr sehen. Ansonsten raschelte es überall im Wald. Leuchtende Augen starrten einen aus dem Dunkeln an. Am Monte Troodelöh schrieben wir uns dann ins Gipfelbuch ein.
So langsam musste ich auch mit der Müdigkeit kämpfen. Susanne bot mir Red Bull an. Ich hatte Red Bull vorher noch nicht bei Läufen ausprobiert, aber es war ein Fehler. Ich bekam ein wenig Herzrasen, was sich aber Gott sei Dank schnell wieder gelegt hat.
Es ging Richtung Bensberg am Schloss Bensberg vorbei. Weiter durch die Dunkelheit und den Wald.
Leider habe ich von der Nacht keine weiteren Fotos.
Der Weg zu VP4 zog sich. Immer auf und ab und kein VP in Sicht. Zwischendurch glaubte ich immer wieder, Stimmen zu hören und dachte, dass hinter der nächsten Ecke der VP erscheinen müsse. Leider war dem nicht so. Und so lief und lief ich weiter. Susanne hatte sich mittlerweile ihre Flipflops ruiniert und musste meine Zusatzschuhe anziehen.
Langsam fing es an zu dämmern, und das setzte neue Energien frei. Endlich sah ich Lichter. Oberlerbach. Der VP4 war da 🙂
Hier gab es dann Nudeln in Öl. MMMMH, LECKER, auch wenn sie kalt waren. Aber bei so einer körperlichen Anstrengung ist man für alles dankbar 😉
Ich wollte nun für die letzten 24km meine Schuhe wechseln. Susanne musste nun leider die Zweitschuhe ausziehen und meine Stinkeschuhe anziehen, die ich den ganzen Tag und die ganze Nacht getragen habe. Respekt, aber ihr blieb ja nichts anderes übrig. Sie hatte ja selbst keine Schuhe mehr 😉
Nun ging ich gestärkt auf die letzten 24km, die allerdings für mich die schwierigsten wurden.
Auf der letzten Etappe kam uns dann noch Birger Jüchter entgegen. Birger war Staffelläufer und war die letzte Etappe gelaufen. Da er aber wieder zu seinem Auto musste, ist er die Etappe wieder zurück zu seinem Auto gelaufen. Tststs, diese Ultraläufer 🙂
Es ging nun an Lückerath, Heidkamp, Refrath, Hand vorbei und durch den Thurner Wald.
Mittlerweile hatte ich arge Probleme mit meiner Motivation. Mein Magen rebellierte hier und da auch, und meine Beine wollten nicht mehr laufen. Wald, immer nur Wald. Ich konnte keinen Wald mehr sehen.
Schön war es, als ca. 15km vor dem Ziel Teelichter den Weg zäumten. Ein Mann erschien, der mitten im Wald einen VP errichtet hat. Er gab mir ein kaltes Handtuch und Getränke. Einfach toll. Leider habe ich den Namen vergessen. Aber danke nochmal 🙂
Es ging weiter. Wald nichts als Wald. Ich wusste, wenn es raus aufs Feld geht, ist es nicht mehr weit. Und es schien immer wieder so zu sein, als wenn die Felder in Sicht waren. Aber leider habe ich da die falsche Rechnung mit dem Kölnpfad gemacht, der mich immer wieder in den Wald geführt hat. Ich habe geflucht und gejammert. Susanne musste einiges aushalten. Aber dann…
…als ich nicht mehr wollte, …
…kamen die langersehnten Felder. Noch gut 1km. Vielleicht auch 2. Egal.
Der Schlussspurt…
Es war vollbracht: 171km und die Gürtelschnalle gab´s auch sofort.
Danke Tom und Gabi 🙂
Jens Vieler war auch noch da. Das hat mich sehr gefreut. Jens ist der Ausrichter der Tortour de Ruhr, bei der ich im nächsten Jahr 230km nonstop laufen werde.
Mein Fazit:
Es war durch die Hitze sauanstrengend. Aber ich kam mit ihr besser zurecht als ich dachte. Generell lief der Lauf hervorragend. Klar kommt irgendwann ein Tief, aber man muss schauen, wie man damit dann umgeht. Dank Susanne bin ich ganz gut damit zurechtgekommen. Auch wenn ich auf den letzten km für Susanne bestimmt anstrengend war. Aber ich hatte dann doch einen starken Willen. Ich habe mal wieder gespürt, zu was ich eigentlich in der Lage bin. Ich bin überzeugt, dass meine mentale Stärke das Ergebnis meiner täglichen Meditationspraxis ist. Es ist schon erstaunlich, was der menschliche Geist bewegen kann. Bei so einem Lauf muss man ständig in sich hineinhorchen. Vor allem bei diesen extremen Bedingungen. Man muss ehrlich zu sich sein und wenn es nicht geht, geht es nunmal nicht. Bei mir war es Gott sei Dank anders. Bei mir ging es. Und es ging sogar gut. Richtig gut sogar. Ich bin verblüfft von mir selbst und der Leistung, die ich erbracht habe. Einfach ein geiles Gefühl.
Der Kölnpfadlauf ist ein Lauf mit Kultpotential. Danke Tom, dass Du ihn wiederbelebt hast. Eine total liebevolle Veranstaltung mit ganz vielen tollen Helfern und Supportern. Danke an alle, die mitgewirkt haben. Starke Leistung!
Tom, mach bitte weiter. Ich denke, ich bin im nächsten Jahr höchstwahrscheinlich wieder dabei. Ich muss zunächst schauen, wie die “Tortour” läuft…
Noch zum Schluss:
Kölnpfad 2015: 60 Starter, 16 kamen ins Ziel. Ich erreichte einen sensationellen 3. Platz bei den Männern. Wahnsinn. Einfach Wahnsinn.
Ich hoffe, Euch hat mein Bericht gefallen und freue mich, euch bald von meinen nächsten Läufen zu berichten.
Euer
Thorsten