Achtsamkeit – Mein Weg in 2015

2014-12-08 09.30.20

Sehr viele Menschen haben sich in der Silvesternacht wieder eine Fülle von  Vorsätzen für das neue Jahr vorgenommen. Die meisten dieser Menschen werden diese Vorsätze nie einhalten, was vor allem daran liegt, dass man sich zu viel vornimmt, anstatt kleine Schritte der Veränderung zu gehen.

Auch ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was ich mir für 2015 so vornehmen könnte, obwohl ich kein Freund von Vorsätzen bin. Nach einiger Zeit habe ich genau einen Vorsatz gefasst, der die meisten Vorsätze der Menschen mitumfasst. Sozusagen ein Obervorsatz 🙂

Mein Vorsatz lautet: Achtsamkeit bzw. achtsamer zu sein als ich es schon bin. Man konnte in den letzten Monaten sehr viel über Achtsamkeit lesen. Vor allem in einschlägigen Frauenklatschblättern, welche Achtsamkeit als Wunderwaffe gegen Stress, Depression und Burnout darstellen.

Doch was bedeutet Achtsamkeit wirklich und was ist Achtsamkeit überhaupt?

Dieser Frage möchte ich heute nachgehen. Wobei ich schon einmal einschränken muss, dass dieser Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.  Das Thema ist einfach zu umfassend, so dass man ganze Bücher damit füllen kann. Aber dies wird auch nicht der einzige Artikel zum Thema Achtsamkeit bleiben und dient daher als Einleitung.

Achtsamkeit ist mir während meiner Therapie das erste Mal über den Weg gelaufen. Meine Therapeutin hatte seiner Zeit das Prinzip der Achtsamkeit in das Therapiekonzept eingebunden.

Das Konzept der Achtsamkeit stammt ursprünglich aus der buddhistischen Philosophie und wird der Tradition nach zum Erlangen unbedingten Wohlbefindens praktiziert. Die Kultivierung von Achtsamkeit  geschieht vor allem durch verschiedene Meditationstechniken.

Ich möchte ein Zitat aus dem Buch “Der achtsame Weg durch die Depression” verwenden, welches beschreibt, was Achtsamkeit ist:

“Achtsamkeit ist das Gewahrsein, das entsteht, wenn man im gegenwärtigen Augenblick mit Absicht die Dinge bewusst wahrnimmt, so wie sie sind, ohne zu urteilen.”

Es geht um das Erleben der Dinge in jedem Augenblick. Die Aufmerksamkeit wird bei der Meditation z.B. auf das Erleben von Körperempfindungen, Emotionen oder Gedanken gerichtet. Es wird beobachtet, wie diese Empfindungen kommen und gehen, ohne sie zu bewerten.

Das bedeutet, dass  man  alle  Aspekte des Lebens bewusst wahrnehmen soll, so wie sie in dem jeweiligen Moment auftreten und so annimmt, wie sie sind, anstatt so, wie wir sie gerne hätten.

Das führt dazu, dass wir den gegenwärtigen Moment bewusster wahrnehmen und so auch zu bewussteren Entscheidungen gelangen.

Oftmals geraten wir Menschen ins Grübeln. Vor allem depressive Menschen grübeln ständig und geraten so in eine gedankliche Abwärtsspirale. Diese Abwärtsspirale kenne ich durch meine eigene Erfahrung der Depression nur zu gut. Man schafft es einfach nicht aus diesem Gedankenstrudel auszusteigen.

Beim Grübeln nehmen wir den Moment, den Augenblick nicht mehr wahr. Man verzettelt sich in Gedanken und Abstraktionen, die weit entfernt von dem bewussten und sinnhaften Erfahren ist. Die Gedanken treiben in der Vergangenheit oder einer Zukunft, die nichts mit dem konkreten Augenblick zu tun haben. Dies kann Ängste und Panik auslösen und zu tiefer Traurigkeit führen.

Durch die Achtsamkeit lernt man aus diesem Strudel der negativen Grübeleien auszusteigen. Die Achtsamkeit erlaubt es, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, in dem jeweiligen Moment und Augenblick. Und die Dinge so sein zu lassen, wie sie sind. Bewertungen finden in diesem Augenblick nicht statt, die ansonsten Bestandteil des Grübelns sind. Beurteilungen oder Bewertungen vergleichen die Dinge stets mit einem inneren und äußeren Standard, dem man gerecht werden will. Diese Angewohnheit des ständigen Beurteilens ist

“wie ein Tyrann, der nie zufrieden gestellt werden kann”.

Durch die Achtsamkeit lernen wir also allen Empfindungen und Erfahrungen des Lebens mit Offenheit, Akzeptanz und Neugierde zu begegnen.

Die Achtsamkeit wird durch verschiedene Meditationstechniken entwickelt. So richtet man z.B. am Anfang bei einer Sitzmeditation den Fokus nur auf den Atem. Später wird die Aufmerksamkeit auf Körperempfindungen, Geräusche, Gedanken und Emotionen gerichtet. Schweift man während der Meditationsübungen mit seinen Gedanken ab, was völlig normal ist, so erkennt man dies und lenkt seine Aufmerksamkeit wieder ruhig und geduldig zurück zu seinem Atem, seinen Empfindungen etc. Immer zu dem, was gerade das Objekt der Aufmerksamkeit in der Meditation ist.

Weitere Achtsamkeitsübungen sind der “Bodyscan”, die Gehmeditation, achtsames Yoga, der Atemraum oder auch die Liebenden-Güte-Meditation.

Um dem Prinzip der Achtsamkeit zu begegnen, muss man nicht religiös sein. Bereits in der buddhistischen Tradition war das Praktizieren der Achtsamkeit nicht an das Befolgen religiöser Glaubensregeln geknüpft. Auch moderne Stressreduktionsprogramme, welche auf den Achtsamkeitsübungen beruhen, vermitteln keine religiösen Inhalte. Allerdings muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ich mich nach einiger Zeit schon mit den buddhistischen Wurzeln dieser Praxis beschäftigt habe. Einfach, weil ich gerne wissen wollte, woher die Achtsamkeitspraxis stammt.

Das bekannteste Achtsamkeitsprogramm der modernen Zeit ist das MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction), welches von dem Mediziner Jon-Kabat Zinn in den 1970er Jahren am Center of Mindfulness an der University of Massachusetts Medical School entwickelt worden ist.

Dieses Programm war auch bereits Teil diverser Studien. So wurde festgestellt, dass Achtsamkeitsmeditation positive Auswirkungen auf  die Funktion des Immunsystems, Blutdruckwerte und vor allem psychische Erkrankungen haben kann. Es wurde auch festgestellt, dass bei gesunden Menschen die Achtsamkeitsmeditation zu einer Erhöhung des psychischen Wohlbefindens und zur Stressreduktion führt.

In der Psychotherapie werden Achtsamkeitspraktiken bei Angstsymptomen und Depressionen eingesetzt.

Das Prinzip der Achtsamkeit hat mir selbst einen neuen Weg gezeigt. Ich bin ruhiger und gelassener geworden. Und das wichtigste: Ich habe meine Depression in den Griff bekommen.

Ich möchte Euch in den nächsten Woche verschiedene Achtsamkeitspraktiken vorstellen und Euch zeigen, wie Achtsamkeit auch in den Alltag einbezogen werden kann.

Ihr dürft also gespannt sein und ich hoffe, Euch hat mein kleiner Ausflug in die Achtsamkeit gefallen.

Eurer Thorsten