Teil 5 der Achtsamkeitsreise: Die Metta-Meditation oder Liebende-Güte-Meditation

In meinem heutigen Beitrag möchte ich Euch die Metta-Meditation vorstellen. Die Metta-Meditation ist eine der ältesten Meditationsformen im Buddhismus. Sie wurde bereits vom historischen Buddha Siddharta Gautama gelehrt.

Bei der Metta-Meditation geht es darum, eine freundliche, wohlwollende und empathische Haltung sich selbst und anderen Wesen gegenüber einzunehmen. Jedem fühlenden Wesen soll mit Freundlichkeit und Wohlwollen begegnet werden. Ablehnung führt zu Ärger, Zorn oder sogar Wut, was wiederum zu eigener Unzufriedenheit und Unglück führt. Man wird gereizter und ist anfälliger für Stressfaktoren.

Wissenschaftliche Studien haben bereits im Rahmen der Achtsamkeitsforschung gezeigt, dass die Metta-Meditation dazu führt, dass verstärkt positive Gefühle wahrgenommen werden und negative Gefühle sich reduzieren.  Die Studienteilnehmer berichteten von einem größeren Sinnerleben, positiveren Beziehungen zu anderen Personen und von weniger körperlichen Beschwerden. Dies führte ebenfalls dazu, dass depressive Verstimmungen und Symptome schwächer geworden sind. Die Metta-Meditation schützt uns vor Stressempfindungen und Ihren Folgen.

Bevor ich Euch eine Anleitung zur Metta-Meditation gebe, möchte ich noch hervorheben, dass die formulierten Wünsche, die in dieser Meditation vorkommen, keine Affirmationen sind, mit denen wir uns einreden, dass alles in Ordnung sei, wir alle glücklich, nett und toll sind. Das wäre ganz großer Quatsch. Es geht darum, uns innerlich auf eine neue Geisteshaltung auszurichten. Wie wollen wir in Zukunft unsere Kräfte nutzen? Wollen wir sie weiter nutzen, um uns Hass und Destruktivität hinzugeben? Oder wollen wir nicht viel lieber unsere Kraft dazu nutzen, uns darauf zu konzentrieren, was uns glücklich macht? Wenn wir eine gesunde und wohlwollende Haltung uns und unseren Mitmenschen gegenüber einnehmen können, dann wird unser Gemüt ruhiger. Wir werden mit schwierigen Situationen klarer umgehen können und auch neue Strategien zur Bewältigung von Herausforderungen entwickeln können. Wir werden klarer und besonnener handeln und uns und andere Menschen nicht mehr so sehr verletzen. Dies führt zu mehr Zufriedenheit. Es wird uns mehr Sinn geben und uns einen Weg zum eigenen Glück aufzeigen.

Nun möchte ich aber Taten folgen lassen und Euch den Ablauf einer Metta-Meditation vorstellen und Euch einladen, dies auszuprobieren:

Die Metta-Meditation – Liebende-Güte-Meditation

1. Setze Dich hin und nimm eine würdevolle und wohlwollende Haltung ein.

2. Führe Deine Aufmerksamkeit auf Deinen Atem und spüre, wie der Atem in Deinen Körper herein- und wieder herausströmt.

3. Verweile so einige Zeit und lasse Deinen Körper und Deinen Geist zur Ruhe kommen.

4. Wende Dich nun Dir selbst zu. Was spürst Du, jetzt, in diesem Augenblick? Werde Dir Deinen Gedanken und Gefühlen bewusst. Stehst Du vor irgendwelchen Problemen, die bei Dir Stress auslösen? Lass alles, was kommt in Dir aufsteigen und lass auch die aufkommenden Gefühle zu. Möglicherweise spürst Du Angst, Frustration, Ärger, Traurigkeit oder aber auch Glück und Zufriedenheit. Alles ist willkommen. Lasse nun Mitgefühl in Dir entstehen. Nimm die Gefühle in Dir an und akzeptiere sie und versuche sie zu umarmen. Lass das Mitgefühl Dir gegenüber größer werden. Damit Dir dies einfacher fällt, kannst Du Dir folgende Sätze sagen oder vorstellen:

Mir möge es gut gehen.

Ich möge glücklich sein.

Ich mag mich selbst.

Ich möge friedvoll und ruhig sein.

Ich möge frei von Schmerz und Leid und dessen Ursachen sein.

Möge ich alles erhalten, was ich brauche.

Möge ich entspannt sein.

Du kannst Dir natürlich auch andere Sätze vorstellen. Bleibe nun so lange dabei bis Du das Gefühl hast, dass Du Dich wohl fühlst und der Moment für Dich nun abgeschlossen ist.

5. Wende Dich nun jemandem zu, den Du uneingeschränkt liebst oder demgegenüber Du eine große Zuneigung empfindest. Das ist vielleicht Dein Partner, Dein Kind, Deine Eltern etc. Stelle Dir die Person oder auch Personen bildlich vor. Was mag diese Person beschäftigen? Oder gibt es etwas, wovon Du genau weißt, dass es sie beschäftigt? Weite nun Dein Mitgefühl von Dir selbst auf diese Person aus und sende Ihr Wohlwollen und Liebe zu. Formuliere auch hier wieder innerlich Wünsche:

Möge es Dir gut gehen.

Mögest Du gesund sein.

Mögest Du glücklich sein.

Auch hier darfst Du Deiner Fantasie freien Lauf lassen.

6. Nun wenden wir uns einer Person zu, der wir neutral gegenüberstehen. Das kann vielleicht jemand sein, den Du kaum kennst, wie Deinen Nachbarn oder die Verkäuferin an der Kasse, wo Du immer einkaufen gehst. Was mag diese Person beschäftigen? Welche Ängste und Sorgen hat diese Person vielleicht? Weite nun Dein Mitgefühl auf diese Person aus und formuliere auch hier wieder Wünsche wie:

Mögest Du gesund sein.

Mögest und Du glücklich und zufrieden sein.

Wünsche Ihnen, was immer Dir einfällt und positiv ist.

7. Nun wird es schwierig. Wende Dich nun einer Person zu, zu der Du ein schwieriges Verhältnis hast. Dies kann eine Person sein, mit der Du einen Konflikt hast oder die Dich sehr verletzt hat. Manchmal wünscht man solchen Personen die Pest an den Hals. Lass dies nun nicht geschehen. Lass die negativen Gefühle nicht in den Vordergrund rücken. Stelle Dir aber vor, was hat Dich verletzt bzw. wie ist es zu diesem zerrütteten Verhältnis gekommen? Versuch Dich darin hineinzuversetzen, warum diese Person so und so gehandelt hat, was dann letztendlich zu Deiner Verletzung geführt hat. Vielleicht hat auch eine Handlung von Dir diese Person verletzt. Gegenseitige Schuldzuweisungen bringen in aller Regel nichts und führen meist nicht weiter. Man dreht sich praktisch im Kreis. Daher versuche mal etwas Ungewöhnliches. Weite Dein Mitgefühl auch auf diese Person aus. Versuche ihr Wohlwollen und Liebe entgegenzubringen und formuliere auch hier wieder Wünsche wie:

Mögest Du Ruhe und inneren Frieden finden.

Möge es Dir gut gehen.

Möge ein Lächeln in Dein Gesicht kommen.

Wie auch immer, versuche dieser Person mit einer wohlwollenden Haltung gegenüber treten.

8. Wende Dich abschließend allen Wesen auf der Welt und dem Universum zu. Vergegenwärtige Dir, dass überall auf dieser Welt Menschen, Tiere, Vögel, Fische und Insekten leben. Alle diese Lebewesen erfahren Glück und Leid. Sende Deine Liebe allen Lebewesen, die es auf dieser wunderbaren Welt gibt und wünsche Dir:

Mögen alle Lebewesen glücklich sein.

Mögen wir alle friedvoll und glücklich mit einander leben.

Stelle Dir vor, wie die Liebe aus Deinem Herzen an alle Lebewesen auf dieser Welt ausstrahlt.

9. Schließe diesen Prozess ab und wende Deine Aufmerksamkeit wieder auf Deinen Atem. Genieße die Stille und das, was Du nun spürst. Spüre Liebe.

Dies war vorerst die letzte formelle Meditationspraxis, die ich Euch vorgestellt habe. Es gibt noch viele, viele weitere und daher werde ich auch weiter über Meditation und Achtsamkeit berichten, allerdings nicht mehr in einer statischen Reihe, wie hier auf meiner Achtsamkeitsreise. Ich habe gemerkt, dass ich mich dadurch doch zu sehr einenge und ich mir ein zu starres Gerüst auferlege. Durch Achtsamkeit habe ich gelernt, dies zu erkennen und gespürt, dass Achtsamkeit nicht in ein starres Korsett passt.

Ihr dürft weiter gespannt sein, wie es weitergeht und es geht weiter. Ich freue mich, Euch davon zu berichten, wie Achtsamkeit und Meditation mein Leben verändert haben und wie sich das Prinzip der Achtsamkeit auf mein sportliches Leben auswirkt. Ich nutze z.B. Meditation als Mentaltraining. Das Prinzip der Achtsamkeit hat mir bei meinen langen Läufen, wie z.B. dem Kölnpfad über 171km, sehr geholfen. Und auch auf die Tortour de Ruhr bereite ich mich mit Meditation vor und werde davon berichten.

 Doch nun genug der Worte.

Ich hoffe, Euch hat mein Artikel gefallen und wünsche Euch alles Gute 🙂

Euer

Thorsten